Text und Bild von Bernd Koch
Die erste Runde des jährlichen Wissenschaftswettbewerbs Jugend forscht unter dem Motto „Mach Ideen groß“ fand am 4. März erneut in der Maschinenhalle des Gründer- und Technologiezentrums Solingen statt. Unter der Schirmherrschaft des Solinger Oberbürgermeistes Tim Kurzbach präsentierten 44 Teilnehmer aus dem Bergischen Land ihre Projekte in den Kategorien Technik, Arbeitswelt, Biologie, Physik, Geo- und Raumwissenschaften, Mathematik und Chemie (Pressemitteilung Solingen Business, 4.3.2023). Dies ist die offizielle Siegerliste.
Unsere Astrogruppe trat in der Kategorie Geo- und Raumwissenschaften mit sechs Arbeiten an. Das Besondere in diesem Jahr war die Kooperation von Astro-Schülern aus vier Schulen, die gemeinschaftlich unter dem Dach des am Carl-Fuhlrott-Gymnasiums angesiedelten Schülerforschungszentrums Wuppertal antraten: Das Humboldtgymnasium Solingen, das Städtische Gymnasium Vohwinkel, das Städtische Gymnasium Wülfrath und das Carl-Fuhlrott-Gymnasium. Und noch ein Novum: Erstmalig präsentierten zwei Schülerinnen und Schüler von zwei Schulen ein gemeinsames Astro-Projekt: Blanca Dewey vom Humboldtgymnasium Solingen zusammen mit Noah Fischer vom CFG. Alle Arbeiten entstanden am Schülerlabor Astronomie CFG und wurden von Bernd Koch betreut.
Gewonnen hat in der Kategorie Geo- und Raumwissenschaften Melina Anna Mitsakos vom Gymnasium Wülfrath, unsere CFG-Schüler belegten alle die Plätze 2 und 3. Ihre Arbeiten wurden vom Wettbewerbsleiter und der Jury hoch gelobt und auch die Besucher zeigten sich beeindruckt von der Qualität und Vielfalt der Arbeiten. Aber es konnte nur eine Arbeit als erste ausgezeichnet werden. Melina fährt zum Landesentscheid Jugend forscht vom 27.-29. März 2023 nach Bochum. Der Landeswettbewerb wird in den Räumlichkeiten der Ruhr-Universität Bochum ausgetragen. Herzlichen Glückwunsch, Melina!
Das CFG erhielt eine Auszeichnung, den MINTSPACE-Schulpreis, den Bernd Koch entgegenahm. Mit diesem wird das Schülerlabor Astronomie des CFG Wuppertal ausgezeichnet, aus dem die Talente hervorgegangen sind.
Nun zur inhaltlichen Vorstellung der Projekte:
Bestimmung der Länge eines Tages auf Saturn mit dem Spektroskop
Jessica Münn, CFG Wuppertal
Wie schnell dreht sich der Ringplanet Saturn um seine Achse? Nach Videoaufnahmen der Riesenplaneten des Sonnensystems stellte sich mir die Frage, wie man die Rotationsgeschwindigkeiten von Planeten bestimmen kann. Das ausgeprägte Wolkensystem des Planeten Jupiter lässt die Rotation schon nach wenigen Minuten erkennen. Doch bei Saturn gibt es solche deutlich identifizierbaren Wolkenstrukturen nicht, weil er fast sechsmal weniger Energie der Sonne erhält als der Jupiter.
Die Methode der hochauflösenden Spektroskopie führt schließlich zum Erfolg. Grundlage dafür ist der Dopplereffekt bei der Reflexion des Sonnenlichts am Planeten, aufgrund dessen die Spektrallinien geneigt erscheinen. Die Neigung ist ein Maß für die Länge eines Tages auf Saturn. Des Weiteren wurde untersucht, ob die Bewegung der Ringe Saturns ebenfalls erkennbar ist, da diese sich aufgrund der
Keplerbewegung anders verhalten. Dabei zeigte sich, dass die Spektrallinien der Ringe die Form einer Kurve aufweisen
Jessica gewann den 3. Preis in der Kategorie Geo- und Raumwissenschaften.
Spektroskopische Untersuchung des Orionnebels M42 und des Planetarischen Nebels M57
von Lars-Hendrik Torspecken, CFG Wuppertal
Die schweren chemischen Elemente des Universums sind in Sternen ausgebrütet worden. Der Orionnebel M42 beherbergt eine Sterngeneration junger heißer Sterne, die mit ihrer UV-Strahlung den Nebel zum Leuchten anregen. Am Lebensende der Entwicklung eines Sterns mit maximal drei Sonnenmassen verteilt der Rote Riese die in ihm gebildeten Elemente im Weltraum in Form eines sogenannten Planetarischen Nebels, wie hier der Ringnebel M57.
Findet eine Durchmischung der Elemente statt, oder unterscheiden sich die beiden Nebel in ihrer Zusammensetzung? Mithilfe der Methode der Spektroskopie konnte die chemische Zusammensetzung der beiden Objekte bestimmt und verglichen werden. Ein zweiter Aspekt ist die Frage, mit welcher Geschwindigkeit die Elemente im Weltraum verteilt werden. Mit einem hochauflösenden Spektrographen wurde die Expansionsgeschwindigkeit von Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff im Ringnebel über den Doppler-Effekt bestimmt und im Zusammenhang mit Literaturwerten diskutiert.
Lars-Hendrik gewann den 3. Preis in der Kategorie Geo- und Raumwissenschaften.
Spektroskopische Untersuchung der Seyfert-Galaxie Markarian 304
von Blanca Dewey (Humboldtgymnasium Solingen) und Noah Fischer (CFG Wuppertal)
Bei diesem Forschungsobjekt handelt es sich um die Seyfert-Galaxie Markarian 304. Im Zentrum befindet sich ein Schwarzes Loch mit einer Akkretionsscheibe. Die intensive Strahlung, welche von dieser ausgeht, erzeugt ein ionisiertes, in Emission nachweisbares Plasma. Das zum Leuchten angeregte Plasma wird in Form von starken Emissionslinien innerhalb des Spektrums von Markarian 304 sichtbar. Dabei handelt es sich hauptsächlich um ionisierten Wasserstoff und Sauerstoff. Und diese Plasmawolke expandiert mit einer hohen Geschwindigkeit, wodurch sich die Emissionslinien innerhalb des Spektrums verbreitern.
Im August 2022 wurde die Galaxie mit einem Spaltspektrographen über einen Zeitraum von 150 Minuten an einem 0,36m-Teleskop spektroskopiert. Nach Analyse des Spektrums und Vermessung der verbreiterten Linien wurde unter Zugrundelegung des Dopplereffekts die Expansionsgeschwindigkeit der Plasmawolke und die kosmologische Rotverschiebung der Galaxie ermittelt.
Blanca und Noah gewannen den 3. Preis in der Kategorie Geo- und Raumwissenschaften.
Ausdehnung des Krebsnebels M1 als Ergebnis der Supernova des Jahres 1054
von Ali Eren Varisli, Städtisches Gymnasium Vohwinkel
Am Ende des Lebens eines mehr als acht Sonnenmassen großen Sterns endet die Energieerzeugung im Zentrum. Aufgrund des fehlenden Strahlungsdrucks stürzt infolge der Gravitation die äußere Hülle auf den Kern und wird daraufhin in Form einer Druckwelle in den Weltraum geschleudert, hier sichtbar als sogenannter Krebsnebel Messier 1. Zurück bleibt ein 30 Mal pro Sekunde rotierender Neutronenstern, ein Pulsar.
Im Januar 2022 habe ich den Supernovarest im Rahmen eines schulischen Projekts fotografiert und durch Vergleich mit einer Aufnahme des Jahres 1909 den Zeitpunkt der Explosion berechnet. Das Resultat wurde im Kontext der historischen Daten diskutiert. Des Weiteren habe ich zur Berechnung der Expansionsgeschwindigkeit des Nebels ein Spektrum aus dem Jahr 2016 ausgewertet. Mit diesen astrofotografischen und spektroskopischen Ergebnissen ließen sich Entfernung und Ausdehnung des Krebsnebels bestimmen.
Ali gewann den 3. Preis in der Kategorie Geo- und Raumwissenschaften.
3D-Modellierung erdnaher Asteroiden mittels Lichtkurvenanalyse
von Diego Fiore und Lenny Sienczak (beide CFG Wuppertal)
Rund 2400 Asteroiden sind bis Ende 2022 bekannt, die der Erde gefährlich nahekommen können. Ziel der Verfolgung dieser sogenannten Near-Earth-Objects (NEO) ist die Berechnung der Bahnen im Sonnensystem, um gegebenenfalls vor einem Einschlag zu warnen. Die Größe der meisten Objekte liegt im Bereich einiger Meter bis wenige Kilometer, wobei die Formen der Körper zumeist unbekannt sind.
Der Lichtwechsel des NEO 2022 SW3 während unserer Beobachtung fünf Tage nach seiner Entdeckung an einer anderen IAU-Station im Herbst 2022 deutete darauf hin, dass der Körper voraussichtlich eine unregelmäßige Gestalt aufweisen würde. Ziel dieser Arbeit ist, mit Hilfe der aufgenommenen Lichtkurve ein dreidimensionales Modell des NEO zu erstellen.
Mit dem additiven Fertigungsverfahren des Fused Deposition Modeling (Schmelzschichtmodellierung), auch als 3D-Druck bekannt, kann mit der aus der Lichtkurveninversion berechneten Ausgabedatei ein maßstäbliches Modell des NEO ausgedruckt werden.
Diego und Lenny gewannen den 2. Preis in der Kategorie Geo- und Raumwissenschaften.und zusätzlich als Sonderpreis ein Abo von Bild der Wissenschaft.
Galaxienspektroskopie zur Messung der Rotverschiebung und Bestimmung der Hubble-Konstante
von Melina Anna Mitsakos, Städtisches Gymnasium Wülfrath
Die Hubble-Konstante gilt als Maß für die Expansion des Universums. 1929 veröffentlichte Edwin Hubble ein Diagramm, welches die Radialgeschwindigkeit von Galaxien in Abhängigkeit von der Entfernung vom Beobachter zeigt. Damit bestätigte er Georges Lemaîtres Vorstellung eines expandierenden Universums. Jahrzehnte später bot sich mit der Beobachtung der kosmischen Mikrowellen-hintergrundstrahlung eine weitere Methode, die Hubble-Konstante zu bestimmen. Trotz jeweils genauer Messungen sind die Ergebnisse der unterschiedlichen Methoden von unerklärlichen Diskrepanzen geprägt.
Dem Ansatz Hubbles folgend, wurde mit einem Spaltspektrographen die Rotverschiebung der Seyfert-Galaxie NGC 7469 und des Quasars 3C 273 gemessen und daraus unter Verwendung von Entfernungsangaben aus Datenbanken die Hubble-Konstante berechnet und im Kontext der verschiedenen Methoden diskutiert. Zudem konnte die Geschwindigkeitsdispersion von Komponenten der jeweiligen aktiven Galaxienkerne bestimmt werden.
Melina gewann den 1. Preis in der Kategeorie Geo- und Raumwissenschaften und nimmt am Landeswettbewerb vom 27.-29.3.2023 teil.
NRW-Landeswettbewerb Jugend forscht 27.-29.3.2023 an der Ruhr-Universität Bochum
Melina Mitsakos erläutert Besuchern und Physiklehrerin Dr. Dagmar Sengelhoff vom Städtischen Gymnasium Wülfrath (siehe Video) das Ergebnis ihrer Forschungen. Sie erzielte den 3. Platz im Wettbewerb. Wir gratulieren recht herzlich! Die Feierstunde fand im AUDIMAX der Ruhr-Universität Bochum statt.