First Light am neuen 50cm- Teleskop Planewave CDK 20

Durchführung von Projektarbeiten des Jahrgangs 2016/17 mit dem BACHES Echelle-Spektrografen am Carl-Fuhlrott-Gymnasium, Wuppertal

Von Dipl.-Phys. Bernd Koch

Ein 50cm-Teleskop für Station 7 des Schülerlabors Astronomie

Ende September lieferte die Firma Baader Planetarium, Mammendorf das lang ersehnte Großteleskop, welches uns einen tieferen Blick in den Kosmos ermöglicht und unserem Projektkurs Astronomie neue Horizonte eröffnet.   

Für die vielen Astronomieschüler am Carl-Fuhlrott-Gymnasium war es so, als ob Weihnachten und Geburtstag auf einen Tag fielen. Seit zwei Jahren arbeiten wir, die Schulastronomen Michael Winkhaus und Bernd Koch nun daran, die Sternwarte zu einer modernen Schüler- und Studenten-forschungseinrichtung auszubauen, und jetzt war es endlich soweit: Am Donnerstag, den 29. September wurden die neuen Teleskope samt Montierung und Säule von der Firma Baader Planetarium angeliefert und aufgebaut. Über eine Tonne Gesamtgewicht musste dazu ins Sternwartengebäude auf dem höchsten Dach der Schule gebracht werden. Wie schon so häufig bekam das CFG dazu Hilfe von den Bergischen Unternehmen. Diesmal unterstützte die Autokranverleihfirma Neeb GmbH diese Aktion und stellt den Lastenkran völlig kostenfrei zur Verfügung, mit dem das schwere Equipment von oben ins geöffnete Sternwartengebäude hineingehoben wurde. Eine spektakuläre Aktion, die die vielen Schülerinnen und Schüler an diesem Donnerstag mehr als sonst dazu veranlasste, während des Unterrichts einfach mal aus dem Fenster zu schauen.

Rechtzeitig vor Einsetzen des Regens um 20 Uhr waren Michael Risch und Goran Aladzic von der Firma Baader Planetarium fertig mit dem Aufbau. Ein herzlicher Dank an die beiden für den perfekten Aufbau!

Das Hauptteleskop in Station 7 des Schülerlabors Astronomie ist nun ein Planewave CDK 20-Teleskop mit 50cm Öffnung auf einer 10Micron GM4000HPS-Montierung.

Die 10Micron GM4000HPS-Montierung zeichnet sich durch Absolut-Encoder an beiden Achsen aus, die es gestatten, Himmelsobjekte sehr präzise anzusteuern. Das konnten wir am Aufbauabend wegen aufkommenden Regens aber nicht mehr prüfen.

Nun galt es, am nächsten klaren Abend die Polausrichtung der GM4000HPS vorzunehmen und ein Sternmodell (Pointingmodell)  zum Auffinden der Himmelsobjekte zu erstellen. Im ersten Anlauf gelang die Polausrichtung auf 5 Bogenminuten genau, das danach erstellte Sternmodell ermöglicht bereits jetzt ein Pointing auf 30 Bogensekunden genau. Und das wurde nur mit visuellen Mitteln ohne Faden-kreuzokular erreicht. Eine Verbesserung des Sternmodells wird bei nächster Gelegenheit angestrebt.

Neben der hohen Einstellgenauigkeit der Montierung war uns bei der Planung wichtig, dass diese klassisch mit einem Handbediengerät (Keypad) auch völlig unabhängig von einem Computer gesteuert werden kann. Erst das ermöglicht das unabhängige Arbeiten mit Gruppen direkt am Teleskop.

Alle Teleskope sind so ausgelegt, dass schnell zwischen visueller Beobachtung (bspw.  mit Besuchergruppen), Astrofoto- und Videografie sowie Sternspektroskopie mit dem BACHES Echelle-Spektrografen gewechselt werden kann. Man sollte darauf achten, dass für eine höchste Laufruhe das Teleskop gut ausbalanciert ist. Die Erfahrung lehrt aber, dass der Antrieb ein leichtes Ungleichgewicht verzeiht. Wiederum ein Pluspunkt bei Gruppenbeobachtungen, wenn schnell gewechselt werden muss.

Neben dem CDK 20 wurden ein apochromatischer TEC160FL Fluorit-Refraktor, ein Celestron ED 80/600 und ein Pentax 75-Refraktor montiert. Die Refraktoren dienen der Astrofotografie, Videografie und Sonnenbeobachtung und können wechselweise mit dem gesamten vorhandenen Zubehör bestückt werden. Darunter zählt ein 0,5Å SolarSpectrum Ha-Filter, jetzt auch mit 160mm Energieschutzfilter für den Einsatz am TEC160FL.

Der Kontrollraum

Im Kontrollraum, gleichzeitig Aufenthalts- und Aufwärmraum, sind die Teleskope und das Zubehör untergebracht, die für die Beobachtungen an den sechs Beobachtungsinseln gebraucht werden. Es steht für jede Insel das gleiche Zubehör zur Verfügung.
Hauptteleskop einer jeden Insel ist jeweils eine Celestron 11 EdgeHD-Optik. In den Zubehörwagen befinden sich die Refraktoren Celestron ED 80/600 und Pentax 75, ebenso das komplette visuelle, fotografische und elektrische Zubehör. Zur Ausstattung gehören Ha-Filter und DADOS Spektrografen.

Alle am CDK 20-Teleskop angeschlossenen Kameras, sowie die GM4000HPS-Montierung sind mit einem PC (Windows 10 prof.) verbunden, welcher im benachbarten Kontrollraum steht. Mit einem zweiten Bildschirm ist es möglich, die komplette Steuerung des Teleskops nebst Aufnahmesteuerung vorzunehmen.

Das Desktop einer der beiden Monitore wird auf den Monitor im Beobachtungsraum dupliziert. Man kann also neben dem Teleskop stehen und alle Einstellungen im Beobachtungsraum mit Maus und Tastatur vornehmen, bevor man in den Kontrollraum geht. Das ist besonders bei Gruppenbeobachtungen direkt am Teleskop sinnvoll. Details zu den dargestellten Windowsprogrammen später.

Erfolgreich wurde bereits die Steuerung per TeamViewer® vom Kursraum 327 ausprobiert, welcher sich eine Etage tiefer im Schulgebäude befindet. Das Bild zeigt Teilnehmer des Herbstkurses Sternspektroskopie, der traditionell in der ersten Woche der NRW-Herbstferien stattfindet.

So wird es in einem späteren Kurs einmal möglich sein, das Teleskop vom Kursraum 327 aus zur Unterstützung eines Kursinhaltes zu bedienen. Einzig das Sternwartendach ist – bislang – nicht fernsteuerbar. Erst damit wäre Station 7 vollständig remotefähig und auch von außerhalb zu bedienen.

Zeit-Synchronisation von Steuer-PC und GM4000HPS-Montierung mit einem Internet Zeit-Server

Das A und O einer präzisen Ansteuerung von Himmelsobjekten ist, dass die Uhrzeit der Montierung mit der Zonenzeit synchron ist. Warum ist das nötig? Bereits erwähnt wurde, dass die Montierung über Absolut-Encoder verfügt. Das Keypad ist ein kleiner Rechner mit interner Lithium-Batterie, so dass die interne Uhr weiterläuft, auch wenn die Montierung ausgeschaltet ist. Beim Einschalten der Montierung wird das Keypad gebootet und die Uhrzeit angezeigt. Weicht die angezeigte Uhrzeit von der wahren Uhrzeit ab, muss zuerst eine Zeit-Synchronisation erfolgen. Unterlässt man das, ist das Anfahren eines Sterns ungenau: Pro Sekunde Zeitabweichung ist die Positionier-ungenauigkeit maximal 15 Bogensekunden.  Empfehlenswert ist die App Dimension 4
(http://www.thinkman.com/dimension4/download.htm). Diese Anwendung sucht sich im Internet einen erreichbaren Zeit-Server aus und synchronisiert in einem vom Benutzer definierten Zeitintervall

Als nächstes wird die Montierung mit der PC-Zeit synchronisiert. Dies nimmt die Anwendung 10Micron Clock Sync vor. Und zuletzt startet man das virtuelle Keypad, dessen Menüs 1:1 mit dem wirklichen Keypad übereinstimmen.

Wie dunkel ist der Nachthimmel über der Sternwarte?

Die Sternwarte befindet sich auf dem Dach des Wuppertaler Carl-Fuhlrott-Gymnasiums, 350m über Normalnull auf den Südhöhen im Stadteil Küllenhahn. Das helle Stadtzentrum (Elberfeld) liegt im Tal in Nordrichtung. Nach Osten in Richtung Bergisches Land und Oberberg ist der Himmel am dunkelsten, die visuelle Grenzgröße beträgt ca. 4 mag. Die größten Lichtverschmutzer sind die Städte Köln und Leverkusen im Südwesten, sowie Düsseldorf im Westen entlang der Rheinschiene.

In einer Projektarbeit im Rahmen des Projektkurses Astronomie in der Stufe Q1 (11. Klasse) haben die Schüler Viktor Kraev und Nicolai Görts 2015 herausgefunden, dass sich die im Vergleich zum städtischen Umfeld relativ hohe Lage der Sternwarte positiv auf die Sterngrenzgröße auswirkt. Das Ergebnis der Arbeit legte nahe, dass ein Teleskop mit großer Öffnung selbst unter aufgehelltem städtischem Himmel überaus sinnvoll ist.

Das visuelle First Light

Unser visuelles „First Light“ fand im Oktober 2016 am Abend der Polausrichtung der Montierung statt. Wir beobachteten parallel mit dem CDK 20 und dem TEC160FL. Der mondlose Himmel war kristallklar, wenn auch aufgehellt durch Stadtlicht.

Unser erstes Ziel war der Katzenaugennebel NGC 6543 im Sternbild Draco. Wir wussten anhand der Ergebnisse einer 2016 entstandenen spektroskopischen Schüler-Projektarbeit[1] über NGC 6543, dass der Strahlungsanteil der beiden [OIII]-Linien im Grünblauen im Verhältnis zur Ha-Emission hoch ist. Hinzu kommt, dass das Auge gerade im Grünen am empfindlichsten ist.


[1] http://baader-planetarium.de/carl-fuhlrott/download/Spektroskopie%20des%20Katzenaugennebels%20NGC%206543%20-%20Immanuel%20Gehlmann,%20Jonathan%20Hilberg.pdf

Spannend war die Frage, was wir vom Katzenaugennebel mit dem 50cm-Spiegel visuell erkennen würden. Zunächst fiel auf, dass der Planetarische Nebel im Zentrum leicht strukturiert war …. und farbig! Wir konnten ein leichtes grünlich-türkises Leuchten wahrnehmen. Der Blick durch den kleineren TEC160FL zeigte hingegen weder Struktur noch Farbe. Fazit: Öffnung ist eben durch nichts zu ersetzen. Außer durch eine noch größere…. Selbst in der Großstadt.

Danach beobachteten wir den Planetarischen Nebel NGC 1501 im Sternbild Camelopardalis, welcher sich deutlich lichtschwächer zeigte. Wir meinten, die gemottelte Struktur im 50cm-Spiegel zu erkennen, allerdings farblos. Im 16cm-Refraktor war NGC 1501 gerade noch als Nebelscheibchen erkennbar.   

BACHES Echelle First Light am Planewave CDK 20

Das fotografische First Light (Astrofotografie) mussten wir überspringen: Statt mit einer CCD-Kamera „pretty pictures“ aufzunehmen, haben wir bei erster Gelegenheit den BACHES-Echelle-Spektrografen an den CDK 20 gesetzt, um Sternspektren für die laufenden Projektarbeiten zu gewinnen. Die hochauflösende Spektroskopie genießt zurzeit die höchste Priorität am CDK 20.

Die STF-8300M ist im 2×2-Binning (effektive Pixelgröße 10.8mm) Aufnahmekamera für die Sternspektren. Als Guiderkamera dient die monochrome Celestron Skyris 274M. Die Remote Calibration Unit (RCU) befindet sich im benachbarten Kontrollraum neben dem rechten Monitor und wird per PC gesteuert. Von dort aus wird das Licht der Kalibrierlampen Thorium-Argon/Halogen per Faserleitung zum BACHES geleitet.

Zur vollständigen Kontrolle darf eine Nachtsicht-Überwachungskamera nicht fehlen:

In diesem rechten Bildschirm sind die Kontrollelemente zusammengefasst:

Am Abend des 29. Dezember 2016 wurden Spektren im Rahmen des Projektkurses Astronomie in der Q1 (Klasse 11) gewonnen.

Zur Wellenlängenkalibrierung mit der unter Linux FEDORA laufenden Software ESO-MIDAS wurden zusätzlich ein Thorium-Argon-Spektrum und ein Halogen-Flatfield-Spektrum aufgenommen:

Gegenwärtig laufen die Kalibrierung der Spektren mit ESO-MIDAS und die Auswertung mit VisualSpec. ESO-MIDAS ist Teil des Softwarepakets MIBAS, welches von der Firma Baader Planetarium zusammen mit dem BACHES Echelle-Spektrografen geliefert wurde. Als Zugabe ist auch NOAO-IRAF enthalten, das nordamerikanische Pendant zum europäischen ESO-MIDAS. Grundlage für MIBAS ist die Linux-Distribution FEDORA 20.

Alle 20 Jahre und 3 Monate findet eine streifende Bedeckung des B-Sterns statt. Der nächste Zyklus beginnt im August 2017 und endet im Mai 2019. Dabei scheint der B-Stern mit seiner Gasscheibe durch die dünne, halbtransparente Photosphäre des M2-Überriesen. 

Die Veränderung wird sich im Spektrum deutlich bemerkbar machen: Das V/R-Intensitäts-verhältnis ändert sich beim Ein- und Austritt, und es ist spannend zu verfolgen, inwieweit der B-Stern es vermag, durch die Atmosphäre des M2-Riesensterns hindurch zu scheinen.

Mit dieser Arbeit tragen wir Daten zum Langzeit-Monitoring des Systems VV Cephei bei. V/R-Intensitätsverhältnis, Äquivalent-breite EW und die Radial-geschwindigkeit der zentralen Absorptionseinsenkung werden bei Ha gemessen. Ernst Pollmann[1] (Leverkusen) koordiniert ein international besetztes Langzeit-Monitoring von überwiegend Amateurastronomen, welches bereits interessante Ergebnisse hervorgebracht hat[2]


[1] http://www.astrospectroscopy.de

[2] http://ibvs.konkoly.hu/cgi-bin/IBVS?6156

Der spektroskopische Doppelstern b Aurigae (Menkalinan) ist ein System aus annähernd gleich großen und ähnlich hellen Sternen vom Typ Spektraltyp A mit rund 9300K Photosphärentemperatur. Charakteristisch für diesem Typ ist die Balmerserie des Wasserstoffs. Während eines Umlaufs von knapp 4 Tagen sind die Absorptionslinien aufgrund des Dopplereffekts blau- bzw. rotverschoben und gaukeln eine Aufspaltung vor, die es so aber nicht gibt.

Von beta Aurigae liegt eine Serie von Spektren zu unterschiedlichen Zeiten vor. Nach Vermessung der Radialgeschwindigkeit und einer heliozentrischen Korrektur aufgrund  der Bewegung der Erde um die Sonne können diese Messdaten zur Radialgeschwindigkeit Vrad verwendet werden, das physikalische Doppelsternsystem vollständig zu charakterisieren: Massen, Abstände, Größenverhältnisse[1].


[1] http://www.vub.ac.be/STER/JAD/JAD10/jad10_3/jad10_3.pdf

© Dipl.- Phys. Bernd Koch, Leiter des Projektkurses Astronomie in der Stufe Q1 (11) des Carl-Fuhlrott-Gymnasiums, Wuppertal. Kontakt: Bernd.Koch@astrofoto.de