Gestaltung einer Astrowoche an der Deutschen Schule Moskau

Text und Bilder von Michael Winkhaus

Karl-Heinz Schneider (links) und Michael Winkhaus

Die zweite Februarwoche stand an der Deutschen Schule Moskau (DSM) unter einem besonderen Stern. Raumfahrt und Astronomie faszinieren selbst naturwissenschaftlich uninteressierte Schülerinnen und Schüler. Kaum jemand bleibt unberührt, wenn es darum geht, ins Weltall zu fliegen oder den Kosmos zu erforschen.

Auf Initiative von Karl-Heinz Schneider, ehemals langjähriger Physiklehrer am CFG (von 1978 bis 2016), veranstaltete die DSM eine Astrowoche zum Thema „Astronomie und Raumfahrt“, wobei Alexander Gerst (der erste deutsche Kommandant der Internationalen Raumstation ISS) die Begeisterung für die Raumfahrt wecken und ich als externer Dozent für den Part der Astronomie und Physik zuständig sein sollte. Und so machte ich mich am Mittwoch (13.2.) mit jeder Menge Übergepäck und einem gültigen Visum auf den Weg nach Moskau. Herr Schneider wartete bereits am Flughafen auf mich und dirigierte den Taxifahrer durch den dichten Stau direkt zur Deutschen Botschaft, wo wir auf die Minute pünktlich zum Empfang der drei Astronauten um 18.00 Uhr ankamen.

Die ISS-Mission 57 landete am 20. Dezember 2018 nach 196 Tagen im All erfolgreich in den Steppen Kasachstans. Die Besatzung bestand aus der US-Amerikanerin Serena Aunon-Chancellor, dem Russen Sergej Prokopjew und dem ersten deutschen Kommandanten der ISS Alexander Gerst. Zu ihren Ehren wurde eine Willkommensfeier an der Deutschen Botschaft Moskau veranstaltet.

Nach der Begrüßungsrede des deutschen Botschafters Freiherr von Fritsch und dem Grußwort des amerikanischen Botschafters Mr. Huntsman wurden die drei Kosmonauten von zwei Abiturienten der Deutschen Schule Moskau (Justin Hieke und Polina Ivanova) interviewt. Man erfuhr, dass jeder Astronaut maximal 1,5 kg persönliches Gepäck zur ISS mitnehmen darf. Rau Aunon-Chancellor beispielsweise nahm Tonaufnahmen von Wind und Wetter mit, weil sie befürchtete, vor allem Wind und Regen in der ISS am meisten zu vermissen.  Der russische Astronaut Sergej Prokopjew berichtete von einem amüsanten Experiment, bei dem sie das Wachstum von Algen in der Schwerelosigkeit untersuchten und feststellten, dass die Algen kleine Bläschen bilden, die alle an Augen von Aliens („grüne Männchen“) erinnerten. Alexander Gerst betonte vor allem, wie sehr ihn der Anblick unserer eigenen Erde fasziniert und inspiriert hat, den Gedanken des Umweltschutzes weiter zu verbreiten. Er beschrieb die Erdatmosphäre als hauchdünne und verletzliche Schicht, die man schützen muss. Es gibt keine realistische und erstrebenswerte Möglichkeit für die Menschen, die Erde dauerhaft zu verlassen. Daher sind auch die vielen wissenschaftlichen Beobachtungen und Experimente sinnvoll und notwendig. Die Kosten der Europäer für die ISS liegen auch nicht zu hoch, umgerechnet ca. 20,- Euro pro Einwohner und Jahr, betonte anschließend noch der ESA-Generaldirektor Johann-Dietrich Wörner in seinem Grußwort.

Eindrucksvoll war die Offenheit und Natürlichkeit, mit der alle drei Astronauten im Anschluss private Gespräche mit den Besuchern führten und auch nicht müde wurden, immer und immer wieder für Fotos und Selfies zur Verfügung zu stehen. So nutzen viele Besucher die Gelegenheit, mit den Astronauten ins Gespräch zu kommen. Allen wurde dabei bewusst, dass die ISS ein hervorragendes Beispiel für eine perfekte internationale Zusammenarbeit in der Wissenschaft und Forschung darstellt, die trotz aller politischen Unterschiede der beteiligten Länder möglich ist und damit zur Erhaltung des Friedens und der Verständigung erheblich beiträgt

im Bild: Michael Winkhaus, Karl-Heinz Schneider und Alexander Gerst

Nach dem Botschaftsempfang machten wir uns dann auf den Weg zum „Deutschen Dorf“, dem ehemaligen Botschaftsgelände der DDR, in dem sich die Deutsche Schule Moskau und auch mein Übernachtungs-Gasthof „Deutsches Eck“ befindet. Auch Herr Schneider wohnt in einem der Hochhäuser im Deutschen Dorf im Südwesten von Moskau. Natürlich befindet sich alles in dieser Jahreszeit unter einer Schneedecke.

Deutsche Schule Moskau

An den kommenden beiden Tagen (Do, 14.2. und Fr, 15.2.) konnte ich nun in 12 Unterrichtstunden tatsächlich alle Schülerinnen und Schüler der DSM kennenlernen. Für die Klassen 5a und 5b führte ich am Donnerstag in zwei Doppelstunden jeweils einen Kurs zum Kennenlernen und zur Geschichte der Sternbilder durch, baute mit den SuS speziell für den Standort der DSM berechnete drehbare Sternkarten und erklärte, wie man auch die Planeten zur Vorbereitung eines Beobachtungsabends zum jeweiligen Datum in die Sternkarte eintragen kann.

Für alle Mittelstufenklassen fand am selben Tag noch in der 5./6. Std. ein Vortrag zum Thema „War die Mondlandung eine Täuschung?“ statt, in dem ich nicht nur die Geschichte der Apollo-Missionen vor 50 Jahren nachzeichnete, sondern auch der hartnäckigen Behauptung nachging, die Amerikaner hätten die Landungen der Astronauten auf dem Mond in Filmstudios gedreht und die Menschheit getäuscht.

Am Freitag begann mein Unterrichtstag mit zwei Doppelstunden in den Klassen 6a und 6b, mit denen ich eine Physik-Knoff-Hoff-Show durchführte, also ein interaktives Experimentierspiel zu überraschenden Phänomenen aus der Physik. So mussten einzelne Schülerteams beispielsweise u.a. erklären, wieso man einen Doppelkegel scheinbar aufwärts rollen sieht, wie Herons Brunnen funktioniert oder wieso der Flaschenteufel in einer Flasche zauberhaft hoch und runter und zum Tanzen gebracht werden kann.

In der letzten Doppelstunde am Freitag war dann die gesamte Oberstufe zum Vortrag „Das Geheimnis um die Himmelsscheibe von Nebra“ in die Aula eingeladen, in dem ich vom Krimi zur Fundgeschichte aber natürlich auch vom wissenschaftlichen Krimi zur astronomischen Deutung berichtete.

Die Himmelsscheibe enthält:

  • Tauschierungstechnik aus Alexandria
  • Astronomisches Wissen aus Mesopotamien
  • Bronzetechnik aus Mykene
  • Kupfer aus Erzminen in Österreich
  • Gold aus dem Fluss Carnon in Cornwall
  • Zinn, ebenfalls aus Südengland (unweit von Stonehenge)
  • Sonnenkult aus Ägypten und Griechenland

Angeregt durch den Fund der Himmelsscheibe werden aktuell viele weitere Forschungsvorhaben durchgeführt, um weitere Erkenntnisse über die Bronzezeit mitten in Deutschland zu erhalten. Vor allem spannend sind Ausgrabungen von Hügelgräbern, die nach und nach einen faszinierenden Blick auf unsere Vorfahren in der Bronzezeit vor ca. 4000 Jahren werfen und eine vermutlich viel höher entwickelte Kultur im Herzen Europas offenlegen als das überhaupt jemals für möglich gehalten wurde.

Dass sich mein Kollege Karl-Heinz Schneider dann am Samstag noch einen kompletten Tag Zeit nahm, um mir die Highlights von Moskau zu zeigen, rundete meinen Besuch in wundervoller Weise ab. Wir besuchten den noch geöffneten Weihnachtmarkt (mit Schlittschuhbahn) auf dem Roten Platz, schauten in diverse Gotteshäuser im Bereich des Kreml, besichtigten die wieder aufgebaute Christi-Erlöser-Kirche, lauschten dem herrlichen Klavierkonzert von Grieg im Tschaikowsky-Saal und erlebten Moskau von oben in einer der Bars in 365 m Höhe über der Stadt.

Voller neuer und faszinierender Eindrücke flog ich dann am Sonntag bei allerbestem Wetter wieder zurück nach Deutschland. Vielen herzlichen Dank, Charlie, für wundervolle vier Tage in deiner neuen Wahlheimat.

Michael Winkhaus