Vorstellung und Bedeutung des von Schülern selbst gebauten Planetariums und des astronomischen Projektraumes für das Schülerlabor Astronomie
Michael Winkhaus
Eine Sternwarte im nicht immer wetterverwöhnten Deutschland kann seine auf Schüler motivierende Wirkung eigentlich nicht ohne ein Planetarium entfalten. Diese Erfahrung machen wir seit Beginn unserer astronomischen Bildungsbemühungen. Unser Planetarium ist eine ganz zentrale Ergänzung des Schülerlabors Astronomie, ohne das die zahlreichen Kurse und Veranstaltungen nicht denkbar wären. Wir brauchen das Planetarium und den sich direkt daneben befindlichen astronomischen Projektraum, und das aus gleich mehreren Gründen:
- Bei schlechtem Wetter haben wir immer eine Ausweichmöglichkeit und können die astronomischen Themen also wetterunabhängig vorführen.
- Zu jedem Sternwartenbesuch gehört eine vernünftige astronomische Einführung, die man besonders gut im Planetarium geben kann.
- Der astronomische Projektraum und das Planetarium bietet den Schülern und Studenten gerade eine besonders interessante Möglichkeit, auch Projekte außerhalb der beobachtenden Astronomie selber durchzuführen. Im Projektraum können die Arbeiten angefertigt, sowie auch ausgestellt und besichtigt werden. Gerade dort erfährt man, zu welchen Höchstleistungen Schüler in der Lage sind, wenn man nur die entsprechend motivierenden Angebote macht. Wir ernten regelmäßig Bewunderung für das enorme Engagement der Schüler, wenn wir Besucher durch die Ausstellung der astronomischen Schülerprojekte führen. Bei Lehrerfortbildungen zeigt dies aber auch anderen Lehrern, dass es sich lohnt, solche Angebote für die besonders begabten Schülerinnen und Schüler zu machen.
Diese drei Bedeutungen werden auf den folgenden Bildern deutlich, wobei hier der Schwerpunkt darauf gelegt werden soll, was alles durch (ausschließlich!) Schüler bereits geschaffen worden ist. Alle Arbeiten, alle Ausstellungsinhalte und alle neu erfundenen Geräte sind ausschließlich durch Schüler selber hergestellt worden.
Der Projektraum befindet sich im Kellerbereich der Schule, der vom naturwissenschaftlichen Trakt aus direkt begehbar ist. Wir starten unseren Rundgang hier am von Schülern komplett selbst gebauten Planetarium und links davon auf die Installation eines Foucaultschen Pendels, das eine Schülerin als Projektarbeit dort installiert hat.
Geht man nun durch den schwarzen Vorhang ins Planetarium hinein, sieht man zentral den Planetariumsprojektor, der den beiden Erfinder-Schülern Lukas Varnhorst und Thorben Beckert völlig zurecht den höchsten Wettbewerbserfolg als Preisträger beim Bundeswettbewerb von „Jugend Forscht“ (Bereich Technik, 2008) eingebracht hat.
Er besteht aus 32 Einzelprojektoren, die auf zwei Halbkugeln montiert sind. Die (parallaktische) Montierung in Form einer Hantel lässt sowohl eine Simulation der Erddrehung als auch eine Polhöhenverstellung zu. Damit kann man den Sternenhimmel sehr realgetreu von jedem Ort der Erde aus simulieren.
Die Qualität des Sternenhimmels ist durch die Verwendung gelaserter Gobos (die Sterne haben auf dem Gobo einen Durchmesser von wenigen μm) ganz hervorragend und reicht ohne Übertreibung an die Sternendarstellung der Kleinplanetariumsprojektoren der Firma Zeiss heran.
Mittlerweile sind im Planetarium aber auch etliche weitere Schülerprojekte entstanden und verwirklicht worden. Die folgende Übersicht soll Ihnen zeigen, wie rege hier in diesem Schulplanetarium von Schülern selber gearbeitet wird:
- Bau eines Polarlichtprojektors
- Bau einer ferngesteuerten Beamerklappe zur Zuschaltung von Beamer-Sequenzen während einer astronomischen Veranstaltung (dazu hat der Schüler vor dem Beamerobjektiv noch zwei gegeneinander drehbare Polarisationsfilter zur Helligkeitsregelung angebracht)
- Komplette Horizont- und Zenitbeleuchtung mit mehrfarbigen LEDs, die stufenlos zur Darstellung von Sonnenauf- und –untergängen gesteuert werden können; beliebt sind hier Vorführungen von Auswirkungen der enormen Lichtverschmutzung in Deutschland
- Zuschnitt eines wunderschönen und recht realen Landschaftshorizontes
- Bau von Liegetribünen und Einbau einer Soundanlage
- Inbetriebnahme von zwei Diaprojektoren und Aufbau einer sehr umfangreichen astronomischen Diasammlung zur Verwirklichung schnell vorzubereitender astronomischer Shows
- Ergänzung von Planetenprojektoren am Brett des Himmeläquators mit freier Bewegung über Kugelkopfstative (nach den folgenden Vorlagen)
- Erstellung diverser astronomischer Lehrveranstaltungen, die die Schüler dann vor ihren Mitschülern oder anderer Klassen und Gruppen auch vorführen (u.a. zu den folgenden Themen: Geschichten und Märchen am Sternenhimmel, Stern von Bethlehem, Leben und Sterben von Sternen, Reise zum Mars, Venus – der Höllenplanet, …)
Verlässt man nun das selbst gebaute Schulplanetarium, kann man sich in dem Projektraum drumherum die verschiedenen astronomischen Schülerarbeiten anschauen, die mittlerweile am Schülerlabor Astronomie entstanden sind. Die Schüler versehen dazu ihre Projekte grundsätzlich mit einer Ausstellungspräsentation. Auf den folgenden Bildern sind ein paar dieser Projektpräsentationen abgebildet, damit man einen Eindruck davon bekommt, wie vielfältig die Arbeiten sind, aber auch wie wertvoll ein solcher Projektraum für das Schülerlabor Astronomie ist.
Hier sind Arbeiten zu den Themen „Kalenderastronomie durch Beobachtung von Auf- und Untergangsorten der Sonne und des Mondes am Horizont“, „Bau einer Meteorkamera“ sowie „Experimente in der Schwerelosigkeit“ ausgestellt.
Auf den folgenden Bildern sieht man die Projekte etwas genauer im Detail.
Angrenzend daran befindet sich eine von Eltern gestiftete Sofaecke, die als gemütlicher Treff dient und unterrichtlich vor allem zum Verständnis und zur Benutzung diverser Tischplanetarien beiträgt.
Bei der Fortsetzung unseres Rundgangs treffen wir nun auf eine von Schülern selbst gebaute begehbare Loch- und Linsenkamera und daneben auf eine drehbare Sternkarte im XXL-Format, auf der man sogar die einzelnen Sternbilder mittels LEDs einzeln beleuchten kann. Auf diese Weise wird das Erlernen der Sternbilder erheblich vereinfacht. Diese Sternkarte wurde in sehr aufwendiger Arbeit von zwei Mittelstufenschülern aus einem Wahlpflichtfach Astronomie hergestellt und ist in dieser Form sicherlich einzigartig (wie fast alles in diesem Raum!).
Wir treffen nun auf zwei Lernstationen, die zwei Schwerpunkte unserer Ausbildungstätigkeit an der Sternwarte betreffen:
- Verständnis der Teleskop-Optik mit Selbstbau von Teleskopen unterschiedlicher Bauart
- Sternspektroskopie mit Experimentierstationen zur Laborspektroskopie und Atomphysik
Schließlich treffen wir auf unserem Rundgang durch den astronomischen Projektraum auf einen Bereich, in dem diverse Zahnrad-Maschinen nach dem Vorbild des Antikythera-Mechanismus von Schülern gebaut wurden. Im Jahr 1900 fanden Taucher im Wrack eines vor über 2000 Jahren gesunkenen Schiffes einen komplexen Zahnradmechanismus, der zur Berechnung nahezu aller in der Antike bekannten astronomischen Kalenderdaten diente. Schüler haben nun Teile dieses „Antikythera-Mechanismus“ studiert und nachgebaut. Man sieht hier zum Beispiel den Mondphasencomputer von Marvin Huang und Florian Kretschmann sowie die „Drachenuhr“ mit Sonnen- und Mondzeiger im Tierkreis von André Kucharzewski und Toni Schuhmann. Der zusätzliche (rote) Drachenzeiger gibt die Stellung des Knotenpunktes von Sonnen- und Mondbahn in der Ekliptik an, wodurch die Vorhersage von Sonnen- und Mondfinsternissen möglich wird.
Im Projektraum wird aber auch mit sehr aufwendigen Medien gearbeitet. Die beiden Astronomieschüler Michael Bulinski und Jan Hütter realisierten eine 3D-Projektion zur dreidimensionalen Darstellung astronomischer Bilder und Videosequenzen. Sie nutzten dazu die Polarisationstechnik mit entsprechend unterschiedlich gedrehten Polarisationsfolien vor zwei Beamern und projizierten die beiden Bilder dann auf eine Silberionenleinwand, um die Polarisation auch bei Reflexion an einer Leinwand komplett aufrecht zu erhalten. Auf dem folgenden Bild sehen Sie, in welchem Bereich des Projektraumes nun also unsere astronomischen 3D-Vorführungen gemacht werden.
Die Zuschauer bekommen dabei Spezialbrillen ausgehändigt, die die beiden Schüler ebenso passend zu ihrer 3D-Technik selber hergestellt haben.