Exkursion zum Landschaftspark Hoheward mit der Jgst. 9

von Michael Winkhaus

Schon im Unterricht des zum ersten Mal am CFG angebotenen Differenzierungskurses zur Astronomie (Lehrer: Michael Winkhaus und Bernd Koch) haben wir uns mit den elementaren astronomischen Beobachtungen zur Zeitmessung am Himmel beschäftigt. In der Frühzeit der Menschheitsgeschichte war die Beobachtung der am Landschaftshorizont wandernden Auf- und Untergänge der Sonne die einzige Möglichkeit zur Einrichtung eines Sonnenkalenders, der die praktische und rituelle Zeitordnung einer Gesellschaft regelte. Bauliche Überreste vergangener Kulturen zeigen noch heute, dass astronomische Konzepte eine bedeutsame Rolle im sozialen und religiösen Leben unserer Vorfahren spielten. Wir wollten uns mit dieser Exkursion passgenau zu unserem Unterricht im Differenzierungskurs Astronomie das sinnstiftende Element einer bewussten Gestirnsbeobachtung verdeutlichen und den Lauf von Sonne, Mond und Sternen am örtlichen Beobachtungshorizont in Form einer archaischen Beobachtungstechnik neu erleben. Anknüpfend an die Kalenderbauwerke in Stonehenge (Südengland) und Goseck (Sachsen-Anhalt) und die Himmelsscheibe von Nebra ist auf Hoheward (Recklinghausen), einer ehemaligen Abraumhalde des Bergbaus im Ruhrgebiet, ein astronomischer Landschaftspark entstanden, der uns mit dem Horizontobservatorium, einer Obelisken-Sonnenuhr und einer genau auf diese elementaren Themen der Astronomie bezogene Ausstellung im Besucherzentrum der Zeche Ewald (Herten) genau ein dazu passendes Exkursionsziel bietet.

Und so hatten wir unseren Exkursionstag geplant: Mit einem gecharterten Reisebus sollte es zunächst zur Ausstellung „Neue Horizonte“ ins Besucherzentrum der Zeche Ewald gehen, um von dort aus über die Drachenbrücke zunächst zur Obelisken-Sonnenuhr und dann zum Horizontobservatorium auf dem Gipfel der 152 m hohen Halde Hoheward zu gelangen. Am 13.Juni hatten wir dazu ausgezeichnetes Wetter mit freier Sicht zur Sonne, ein Glücksfall.

Nach einer filmischen Einführung über die Haldenlandschaften im Ruhrgebiet konnten wir im Besucherzentrum in der Erlebnisausstellung „Neue Horizonte – Auf den Spuren der Zeit“ in dem dreigeschossigen Ausstellungs-Kubus an zahlreichen Exponaten anschaulich erfahren, wie sich die Themen Zeitmessung, Tages- und Jahreszeiten, Mond- und Sonnenlauf am Himmel und schließlich das Horizontobservatorium und die Sonnenuhr der Halde Hoheward miteinander verknüpfen lassen. Viele Exponate und Modelle zum Anfassen und Ausprobieren laden dabei zur interaktiven Entdeckungsreise ein.

Unser Bus brachte uns danach zur feuerspeienden Drachenbrücke, dem Ausgangspunkt unserer Wanderung zur Obelisken-Sonnenuhr. Dort testeten wir die Zeitmessung am Himmel und konnten eine minutengenaue Ablesung unserer Zeit erreichen. Am Schattenwurf der Kugel auf der Spitze des Obelisken sahen wir aber auch, dass wir nur noch ganz geringfügig vom Tag der Sommersonnenwende (kürzester Schatten) entfernt waren. Wir entdeckten zudem, dass man mit der Kugel eine künstliche Sonnenfinsternis spielen kann. Dazu hält man sein Auge genau in den Schatten der Kugel und stellt die Übereinstimmung des Kugeldurchmessers mit der scheinbaren Größe des Sonnenscheibchens fest (siehe Bild).

Der letzte Abschnitt unserer Wanderung brachte uns dann zum Haldengipfel, auf dem das eindrucksvolle Bauwerk des Horizontobservatoriums steht. Aus Stahlbögen mit einem Durchmesser von 90 m sind hier der Meridianbogen (die exakte Verbindung von Nord und Süd) und der Himmelsäquator verwirklicht, so dass man in einer Art Freiluft-Planetarium die Symmetrien des Himmels (Vormittag- und Nachmittagsbereich, Sommer- und Winterhalbjahr) sieht. Durch weitere Installationen kann man aber auch noch die Kugelgestalt der Erde und die Sternzeit bestimmen, die Auf- und Untergangsorte der Sonne zur Sommer- und Wintersonnenwende sowie den Tag- und Nachtgleichen sehen und sogar per Langzeitbeobachtung die Präzession der Erdachse erfahren (sog. Platonisches Jahr mit einer Länge von ca. 26.000 Jahren). Und im Bodenmosaik sind auch noch die Mondwenden für die eigene Beobachtung markiert. Mehr an Zeiterfahrung geht nicht! Da wir genau um die Zeit des Ortsmittags am Horizontobservatorium waren, konnten wir den Meridiandurchgang der Sonne live am Himmel verfolgen (siehe Bild). Leider blieben uns aber noch weitergehende Beobachtungen verwehrt, denn die Mitte der Anlage war wegen eines Schadens am Äquatorbogen abgesperrt.

Um unseren Bus für die Rückfahrt noch pünktlich zu erreichen, nahmen wir nun den direkten Weg über eine schnurgerade Treppen-/Stiegenkonstruktion mit 529 Stufen direkt bis zum Parkplatz Am Handweiser. Wie vereinbart waren wir dann um 15.00 Uhr wieder zurück am Schulzentrum.

Unsere neuzeitliche Zivilisation benötigt die sichtbaren Ereignisse des jährlichen Sonnen- und Mondlaufs längst nicht mehr für ihre Kalender- und Zeitordnungszwecke. Mit dem Verlust der Notwendigkeit elementarer Horizontbeobachtungen ist aber neben dem Bewusstsein für diese Jahrtausende alte Kulturtätigkeit und die archaischen Beobachtungstechniken auch das sinnstiftende Element einer bewussten Gestirnsbeobachtung und das damit verbundene Sinneserlebnis verloren gegangen und überflüssig geworden. Dieser Kulturverlust geht einher mit einer weitgehenden Unkenntnis über den Lauf von Sonne, Mond und Sternen, wie er sich über dem örtlichen Beobachtungshorizont abspielt. Wir wollen in unserem Differenzierungskurs Astronomie diese verlorengegangenen Traditionen der visuellen Horizontastronomie wieder beleben und eine einfache astronomische Beobachtungskultur fördern. Im Rahmen dieser Ziele war diese Exkursion und der vorangegangene Unterricht zur inhaltlichen Vorbereitung ein voller Erfolg.